VeggieWorld 2025 Hamburg – Wie sich unsere Esskultur verändert hat
Wenn ich heute über das Thema Ernährung nachdenke, dann geht es längst nicht mehr nur um Geschmack oder Genuss. Es geht um Bewusstsein, Verantwortung – und darum, wie wir leben wollen.
Doch das war nicht immer so.
Ich erinnere mich noch gut an meine Zeit in der Gastronomie. Ich war jung, voller Energie, mittendrin im Trubel der Küche. Wenn damals der Service hereinkam und sagte: „Sven, wir haben einen Vegetarier am Tisch!“ – dann war das ein kleiner Ausnahmezustand.
Alle schauten sich an, und man hörte förmlich, wie die Köpfe ratterten:
Was kochen wir jetzt? Gemüse – ja. Aber womit? Ohne Fleischbrühe? Ohne Butter? Und – oh Schreck – kein Parmesan?
Heute schmunzle ich darüber. Damals war es etwas Besonderes, fast exotisch. Ein Vegetarier war eine Ausnahme, ein Veganer undenkbar.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Wir leben bewusster, reflektierter, offener. Wir fragen, woher unsere Lebensmittel kommen, wie sie produziert werden und welche Spuren sie hinterlassen.
Und genau das ist der Grund, warum ich zur VeggieWorld 2025 in Hamburg-Schnelsen gegangen bin – einer Messe, die sich ganz dem pflanzlichen Lebensstil verschrieben hat.
Zwischen Neugier, Geschmack und Verantwortung
Schon beim Betreten der Messehallen war klar: Hier bewegt sich was.
Ein lebendiges Stimmengewirr, das Klappern von Probierlöffeln, der Duft nach frisch Gebackenem, Gewürzen und Kaffee – alles vermischt sich zu einer Atmosphäre, die inspiriert.
Ich hatte ehrlich gesagt nicht erwartet, dass so viele Menschen kommen würden. Familien, junge Paare, neugierige Genießer, Profis aus Gastronomie und Handel – alle mit leuchtenden Augen und offenem Blick.
Dieses Mal wollte ich mir Zeit nehmen. Kein schneller Rundgang mit Kamera im Anschlag, kein „Ich muss alles sehen“.
Ich wollte hinhören, probieren, reden – und verstehen, was diese Bewegung ausmacht
Animals’ Angels – wenn Tierschutz unter die Haut geht
Mein erster Stopp war bei Animals’ Angels, einer Organisation, die sich für das Wohl von Tieren während Transporten einsetzt.
Ein Thema, das mich seit meiner Zeit als Koch nie losgelassen hat.
Ich sah Fotos, hörte Geschichten über Transporte quer durch Europa – und plötzlich war sie wieder da, diese stille Beklemmung, die man spürt, wenn man auf der Autobahn an einem Tiertransporter vorbeifährt.
Man weiß: Das Ziel dieser Fahrt ist kein schöner Ort.
Ich will hier keine Partei ergreifen, aber ich finde, man darf hinschauen.
Und genau das ist es, was diese Messe ausmacht – sie öffnet die Augen, ohne mit dem Finger zu zeigen.
Chris Popa und die Proteinquellen der Zukunft
Weiter ging es zu einem Vortrag von Chris Popa, der über „Proteinquellen mit Zukunft – Wie kultiviertes Fleisch & Co. unser Ernährungssystem verändern werden“ sprach.
Ich gebe zu: Anfangs war ich skeptisch. Fleisch aus dem Labor – klingt nach Science-Fiction.
Doch je länger ich zuhörte, desto spannender wurde es.
Popa erklärte, wie Fleisch künftig aus tierischen Zellen gezüchtet werden könnte – ohne Tierleid, ohne Massentierhaltung, ohne Klimabelastung.
Es war faszinierend – und gleichzeitig erschreckend, dass der weltweite Fleischkonsum dennoch weiter ansteigt.
Man merkt: Wir stehen an einem Wendepunkt. Innovation ist da – aber Gewohnheit bleibt stark.
SaatPur – kleine Pflanzen, große Wirkung
Ein echter Lichtblick war mein Besuch bei den Jungs von SaatPur.
Ihre Begeisterung war ansteckend. Sie erklärten mir alles über Mikrogrün – winzige Pflanzen, die schon im Keimstadium voller Vitamine stecken.
Kresse, Rote Bete, Brokkoli oder Rucola – jede Sorte hat ihren eigenen Charakter.
Ich durfte probieren – und war überrascht, wie intensiv das schmeckte.
Diese kleinen Pflanzen sind wahre Kraftpakete, und irgendwie steckt in ihnen eine ganze Philosophie: klein anfangen, groß denken.
Ich dachte bei mir: Wenn ich einen Garten hätte, würde ich sofort ein paar Sets mitnehmen. Aber auch auf dem Hamburger Balkon lässt sich ja einiges ziehen.
Yoga, Achtsamkeit und eine Schweineattrappe namens Rosalinde
Ein paar Stände weiter traf ich auf Yoga Vidya e.V.
Mit Yoga hatte ich bisher wenig zu tun – aber die Ruhe und Offenheit dort zog mich an.
Ich erfuhr, dass Yoga nicht nur Bewegung ist, sondern eine Lebenshaltung: Achtsamkeit, Klarheit, Ernährung.
Und plötzlich verstand ich: Diese Messe ist kein Sammelsurium an veganen Produkten – sie ist eine Bewegung, die das ganze Leben umfasst.
Dann kam ich zu einem Stand, den ich so schnell nicht vergessen werde – Greenpeace.
Und dort stand sie: Rosalinde.
Rosalinde war – man glaubt es kaum – eine täuschend echt gestaltete Schweineattrappe.
Die Struktur der Haut, der Blick, sogar die Körperhaltung – alles wirkte so lebendig, dass ich zweimal hinschauen musste.
Um sie herum versammelten sich Menschen, schauten, blieben stehen, machten Fotos.
Rosalinde war still – aber sie sprach Bände.
Sie stand dort symbolisch für die Millionen Tiere, die täglich in der Massentierhaltung leben oder transportiert werden.
Und obwohl sie nur aus Kunststoff bestand, hatte sie eine Wirkung, die unter die Haut ging.
Ich dachte mir: Wenn ein Modellschwein so viel Mitgefühl auslösen kann, dann ist das Kommunikation, die funktioniert – fast schon Kunst.
Ich musste schmunzeln. Und gleichzeitig blieb ein Kloß im Hals.
Schokolade, Salz & gute Gespräche – die Welt von nucao
Nach diesem emotionalen Moment brauchte ich erst mal etwas Süßes – und da kam mir nucao gerade recht.
Ich kannte die sympathische Crew schon von der Eat & Style Hamburg 2025 und vom Überstunde Hamburg Event.
Nachhaltige Schokolade, plastikfreie Verpackung, faire Zutaten – und das Wichtigste: einfach lecker.
Meine Lieblingssorte? Ganz klar: die dunkle mit dem hohen Salzgehalt.
Diese Kombination aus Süße, Bitterkeit und einer Spur Meersalz – perfekt
Kochen mit Haltung – Boys Don’t Cook
Ein paar Meter weiter stand Alexander Flohr auf der Bühne – live, laut, sympathisch.
Unter dem Motto „Boys Don’t Cook – doch, aber vegan“ zeigte er, dass vegane Küche nichts mit Verzicht zu tun hat, sondern mit Leidenschaft, Kreativität und Spaß.
Er rührte, lachte, probierte, redete mit dem Publikum – und machte Lust aufs Nachkochen.
Seine Art zu kochen ist ehrlich, direkt, ein bisschen wild – genau so, wie ich es mag.
Von Kokos bis Chili – Geschmack, der bleibt
Am Stand von Dr. Goerg GmbH wurde es exotisch.
Bio-Kokos-Würzöl mit Chili, Knoblauch oder Limette – allein der Duft war betörend.
Ich probierte mich durch und kann nur sagen: Wahnsinn.
Diese Kombination aus süßer Kokosnote und feuriger Schärfe ist ein Erlebnis.
Und als ich dachte, schärfer geht’s nicht mehr, landete ich bei Olfs Hot Spize.
Hier wurde’s ernst – und zwar richtig scharf.
Schärfegrad 5 war die Grenze, besonders in Kombination mit Schokolade.
Eine gewagte, aber geniale Mischung.
Zum Glück kam Meal Karma zur Rettung – mit schnellen, pflanzlichen Mahlzeiten, die nicht nur satt machen, sondern auch richtig gut schmecken.
Herz und Haltung – Begegnungen, die bleiben
Ein besonders schöner Moment auf der Messe war mein Gespräch mit Virna von Nature Madagascar.
Sie war extra aus den Niederlanden angereist und stand mit so viel Leidenschaft hinter ihrem Stand, dass man sofort spürte: Hier steckt Herz drin.
Virna erzählte mir von den kleinen Produzenten auf Madagaskar, mit denen sie eng zusammenarbeitet – von fairen Arbeitsbedingungen, echter Wertschätzung und dem Wunsch, hochwertige Produkte mit Verantwortung zu verbinden.
Ich durfte ihre Vanille probieren: intensiv, süß, warm, fast balsamisch.
Und während sie sprach, merkte man, dass es bei Nature Madagascar nicht nur um Gewürze geht, sondern um Vertrauen, um Verbindung und um Respekt gegenüber Mensch und Natur.
Ein Gespräch, das bleibt – ehrlich, inspirierend und voller Leidenschaft.
Mein letzter Stopp führte mich zu Keimling Naturkost GmbH – ein Unternehmen, das für viele schon lange ein Begriff ist, wenn es um bewusste Ernährung geht.
Der Stand roch nach Nüssen, Kakao und Trockenfrüchten, und überall gab es kleine Kostproben.
Ich kam ins Gespräch und erfuhr, dass Keimling schon seit Jahrzehnten für pflanzliche, rohköstliche Produkte steht – also lange bevor Veganismus ein Trend wurde.
Ich probierte ein Stück ihrer Schokolade aus rohem Kakao – mild, cremig, einfach ehrlich gut.
Spannend fand ich auch, dass sie direkt aus Buxtehude kommen – also quasi Nachbarn von Hamburg.
Ein schöner, runder Abschluss meines Messebesuchs – natürlich, bodenständig und voller Geschmack.
Mein Fazit – die neue Esskultur ist angekommen
Wenn ich den Tag Revue passieren lasse, bleibt vor allem eines hängen: Dankbarkeit.
Dankbarkeit dafür, dass sich unsere Esskultur weiterentwickelt hat.
Vom ungläubigen Blick, wenn ein Vegetarier im Restaurant auftauchte, bis hin zu einer Messe, die Tausende begeistert – das ist Wandel.
Die VeggieWorld Hamburg 2025 hat mir gezeigt, dass Essen heute mehr ist als Nahrungsaufnahme.
Es ist Identität, Verantwortung, Leidenschaft und Ausdruck.
Für mich als Food– und Reportagefotograf aus Hamburg war es ein Tag voller Farben, Gerüche, Gesichter und Geschichten.
Und wieder einmal wurde mir bewusst: Fotografie ist nicht nur das Festhalten von Momenten – sie ist das Erzählen von Entwicklungen.
Ich bin gespannt, wohin diese Reise weitergeht – vielleicht sehen wir uns auf der VeggieWorld 2026 wieder. 🌱📸
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